This image for Image Layouts addon

KAPITEL SIEBEN
FROHNAU -
AUF DEM PAPIER GEPLANT

Frohnau ist anders. Frohnau ist jung. Frohnau ist nicht über die Jahrhunderte natürlich gewachsen, sondern wurde vor etwas mehr als einem Jahrhundert akribisch auf dem Reißbrett geplant und realisiert. Somit hat Frohnau seine Existenz einzig und allein Guido Graf Henckel Fürst von Donnersmarck zu verdanken.

Vorlesen lassen

This image for Image Layouts addon
Am Pilz Fronau 1952
Frohnau ist anders. Frohnau ist jung. Frohnau ist nicht über die Jahrhunderte natürlich gewachsen, sondern wurde vor etwas mehr als einem Jahrhundert akribisch auf dem Reißbrett geplant und realisiert. Somit hat Frohnau seine Existenz einzig und allein Guido Graf Henckel Fürst von Donnersmarck zu verdanken.
Er beschloss im Jahr 1907, ein 3.000 Morgen großes Waldgebiet der Stolper Heide – das sind 750 Hektar – zum Preis von 1.800 Mark je Morgen (rund 35 Cent pro Quadratmeter) vom Rittergutsbesitzer Baron Werner von Veltheim zu kaufen und dort eine Gartenstadt anzulegen.

Sein Vorhaben entsprach dem damaligen Zeitgeist, denn die Situation in den engen Mietskasernenvierteln der Berliner Innenstadt war alles andere als gemütlich. Wer also das nötige Kleingeld hatte, zog hinaus in die Natur, in ein Haus mit Garten.
 
Und so wurde 1910 Frohnau gegründet. Donnersmarck beauftragte seine Terraingesellschaft, die Berliner Terrain-Centrale, um das Projekt zu realisieren.
This image for Image Layouts addon
Blick auf den Ludolfinger Platz im jahr 1910
Gegen den Willen seiner Bewohner wurde Frohnau am 1. Oktober 1920 in die Großgemeinde Berlin eingegliedert und bildet seitdem einen Ortsteil von Reinickendorf.

Für die Johanneskirche, heute ein wichtiges Symbol des Zeltinger Platzes, wurde am 2. Juni 1935 der Grundstein gelegt.

Der Zweite Weltkrieg hinterließ Spuren: War Frohnau in den ersten Kriegsjahren von Bomben so gut wie verschont geblieben, schlugen im Dezember 1944 gleich 40 Bomben auf den Ortsteil. Dabei wurden 26 Häuser vollkommen zerstört und 78 schwer beschädigt. Es gab sogar sieben Tote. Kurz darauf besetzten die sowjetischen Truppen den Ortsteil. Reinickendorf – und somit auch Frohnau – wurde ab dem 12. August 1945 dem Französischen Sektor zugeteilt.

Nach dem Mauerbau war Frohnau von drei Seiten begrenzt und vom nördlichen Umland abgeschnitten. In diesem Zusammenhang wurde die S-Bahn zwischen den Bahnhöfen Frohnau und Hohen Neuendorf stillgelegt und erst am 31. Mai 1992 wieder eröffnet.

Frohnau, einst als Gesamtkunstwerk geplant, ist heute ein beliebter Ortsteil mit rund 16.500 Einwohnern, der 2010 sein 100-jähriges Bestehen feierte. Seine beiden Plätze im Zentrum bilden das Herz Frohnaus. Hierher kommen die Menschen zum Einkaufen, Bummeln oder um gemütlich einen Kaffee zu trinken. Vor allem im Sommer machen es sich die Menschen auf einem der friedlichen Plätze bequem, zum Beispiel im Schatten unter der weißen mit Wein bewachsenen Pergola ...
Diese schrieb Anfang 1908 einen Wettbewerb zur Erlangung von Bebauungs-Planvorschlägen aus.
Fast 100 Entwürfe wurden eingereicht – den Zuschlag erhielten die an der Technischen Hochschule Charlottenburg tätigen Städtebau-Professoren Joseph Brix und Felix Genzmer auf ihr Projekt „Freiluft“.

Der Bebauungsplan von Frohnau zeigt, dass das Gebiet aus 284 Blöcken und etwa 6.000 Parzellen besteht.
Als Herz der Siedlung wird eine Doppelplatzanlage geplant. Unten die Gleise der S-Bahn, darüber eine Brücke, die die zwei wichtigsten Plätze verbindet. Und hoch oben wacht der 35 Meter hohe Kasinoturm als Wahrzeichen über den Ortsteil.
 
Oberste Priorität hatte der Bau der Bahnstation samt Bahnhofsgebäude mit Beamtenwohnung und des daneben liegenden Kasino-Ensembles. Bereits ein Jahr nach Baubeginn waren 40 Kilometer Straßen fertiggestellt, von denen 18 Kilometer bereits gepflastert und mit 10.000 Straßenbäumen gesäumt sowie teilweise mit Gas- und Wasserleitungen versehen waren.
 
Der Landschaftsarchitekt Ludwig Lesser wurde zum Gartenbaudirektor ernannt und erarbeitete ein Gesamtkonzept nach englischen Vorbildern, 56 Morgen Garten und Parkanlagen wurden hergerichtet und bepflanzt. Für jede der neu errichteten Straßen hatte er typische Baumarten wie Ahorn, Linde, Eiche oder Kastanie vorgesehen, die teilweise noch heute die Straßen zieren. Bei den geplanten Schmuckplatzanlagen entstanden unter anderem der hölzerne „Pilz“, der Rosenanger sowie auch die Grünanlage am Edelhofdamm mit ihrem am Ende des Zerndorfer Weges befindlichen Pavillon.

Bei einem Preisausschreiben wurde der Name „Frohnau“ gefunden; dieser ist durch „Allerhöchsten Erlass“ Kaiser Wilhelms II. im Jahr 1910 bestätigt worden.

Anfangs war das Interesse auf die Werbung über „fertig regulierte gepflasterte Straßen, Promenaden, Alleen, Schmuckplätze, Gas- und Wasserleitungen gering.
Schließlich waren die Bauvorgaben streng – es durften lediglich Einfamilienhäuser in lockerer Bebauung und im Landhausstil errichtet werden. Doch nach der Einweihung Frohnaus, die am 7. Mai 1910 am Kasinoturm stattfand, zog es dann doch zahlreiche gutsituierte Bürger, Intellektuelle und auch Künstler in die Villen- und Landhausregion. Schon am 22. Mai 1910 kam das erste Frohnauer Baby zur Welt.

Der Ludolfingerplatz ist als westlicher Bahnhofsvorplatz der Ausgangspunkt der strahlenförmig in den Westteil Frohnaus führenden Straßen. Der halbrunde Cecilienplatz wurde in den 1930er Jahren in Zeltinger Platz umbenannt.

Die Kriegsjahre und die ersten Nachkriegsjahre hemmten die Entwicklung eines so jungen Ortes wie Frohnau, und die späteren Kriegsjahre trafen die Frohnauer schwer. Viele Einwohner gingen damals zur Selbstversorgung über. Hühner, Kaninchen und sogar Schweine wurden gehalten.
 
Auf den Rasenflächen baute man Kartoffeln und Gemüse an. Viele Frohnauer verdienten sich Geld, indem sie die alten Kiefern schlagen ließen. Große Teile Frohnaus wurden entwaldet. Der Straßenname Am Kahlschlag erinnert heute noch daran.
This image for Image Layouts addon
Der Kasinoturm heute
Image
Image